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Briefe 5 - 6


5. Brief

Liebste Lilly,

ich kann nicht mehr. Ich bin am Ende. Alles ist unnütz. Nichts ist mir mehr wert. Du fehlst mir. Warum, Lilly, warum bist du nur gegangen? Gib mir doch eine winzige Antwort darauf. Lilly! Ich bin so allein. Verloren ohne dich. Tief in meinem Herzen bist du da, aber ich sehne mich nach deiner Nähe. Sehne mich nach deinen aufbauenden Worten. Nach den Worten, die du mir immer sagtest, wenn es mir schlecht ging.

„Es wird gut!“

„Nach jedem Regen kommt Sonne!“

„Aufgeben ist ein Zeichen von Schwäche! Und du bist stark!“

Ich vermisse diese Worte so sehr, wie ich dich vermisse. Letzte Nacht wachte ich auf, da ich dachte, deine Stimme zu hören. Doch es war nur der Wind, der leise um die Häuser pfiff. Ich lag wach, in der Hoffnung du würdest kommen. In dieser schlaflosen Nacht kamen die Bilder unseres ersten Urlaubs wieder hoch. Inzwischen kannten wir uns seit einem halben Jahr. Du hattest einen Urlaub in London gewonnen. Für zwei Personen im weltberühmten Ritz. Ich wollte nicht mit, da ich mich davor ängstigte, was wohl geschehen würde. Es war ein Wochenende in einem Doppelzimmer. In einem Doppelzimmer, Lilly! Wir sollten in einem gemeinsamen Bett schlafen! So weit sind wir bisher nicht gegangen. Ich hatte Angst, dass aus unserer Freundschaft mehr werden würde. Mein Herz wollte, aber mein Verstand wehrte sich. Wie oft habe ich dir schon geschrieben, dass ich unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen wollte? Aber kannst du mich denn verstehen? Solch eine Freundschaft, wie wir sie erlebten, findet man nur einmal im Leben. Und wir erlebten dieses EINE MAL gerade jetzt. Das wollte ich nicht dafür aufs Spiel setzen, Lilly. Ich nicht... Aber was tatst du? Als ich sagte, ich wollte nicht nach London fliegen, da meintest du: „Bitte, ich möchte mir dir nach England! Ich möchte nur mit meinem besten Freund dorthin! Du musst mit mir kommen!“

Ich gab nach, auch wenn mir nicht dabei wohl war. Ein paar Tage später stand ein Taxi vor meiner Tür, in dem du schon auf mich wartetest. Ich hievte meinen Koffer in den Kofferraum, wo schon deiner lag und stieg zu dir auf die Rückbank des Wagens. Bisher kannte ich dich zwar schon sehr lebensfroh, aber deine Aufgeregtheit, die du an diesem Freitagmorgen an den Tag legtest, kannte ich noch nicht. Deine Wangen waren vor Aufregung ganz rosig, deine Augen strahlten noch mehr als sonst und du redetest mehr als gewöhnlich. Ich dagegen schwieg nur. Was würde an diesem Wochenende nur geschehen? Es machte mich ganz fertig, Lilly, meine Liebste. Nur sobald ich neben dir im Taxi saß, legte sich diese Angst. Du hast mich mit deiner Nervosität angesteckt und ich freute mich nun ebenfalls auf drei wunderschöne Tage in London – mit dir an meiner Seite. Ich schob den Gedanken an das Doppelzimmer einfach beiseite. Lilly, ich liebte dich so sehr, dass ich dir die Vorfreude nicht verderben wollte.

Wir erreichten den Flughafen nach einer viertel Stunde. Bis jetzt war ich noch nie geflogen und ich muss zugeben, dass ich eine gewaltige Angst vor dem Flug hatte.

„Hey, es wird schon nicht so schlimm sein!“, beruhigtest du mich mit deiner lockeren Art.

Und ich vertraute dir wieder einmal.

Ich überließ dir den Fensterplatz im Flugzeug, setzte mich in den mittleren Sitz. Neben mir nahm ein dicklicher Mann Platz. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig. Er schnaufte, nachdem er sich in den Sitz hatte fallen lassen. Auf seiner Stirn glänzte der Schweiß seiner Anstrengungen. Ich beobachtete aus den Augenwinkeln, wie er versuchte, den Gurt um seinen massigen Bauch zu bekommen. Keuchend rief er nach der Stewardess, die ihm beim Anlegen des Gurtes behilflich sein musste. Während die schlanke junge Dame den Gurt befestigte und sich dabei über den Mann beugte, saugte sich dessen Blick regelrecht im Ausschnitt der Flugbegleiterin fest. Mir kam es übel hoch, als ich das so mit ansah.

Keine zehn Minuten später hoben wir ab. In meinen Ohren drückte es ein wenig. Du bemerktest meinen bedrückten Gesichtsausdruck, suchtest in der Tasche deiner Jeansjacke nach etwas und drücktest mir einen Kaugummi in die Hand. Dankend faltete ich den Streifen aus dem Papier. Plötzlich schnaufte der Mann neben mir: „Ach, Fräulein, haben Sie eventuell auch einen Kaugummi für mich? Ich habe meine in der Eile vergessen. Und dieser Druck...“

Ich blickte nach links, wo der Mann sich an mir vorbei lehnte. Du, Liebste, hast ihn nur angesehen, ließt deine Augen extrem funkeln und sagtest mit deinem süßesten Engelston: „Eventuell sollten Sie sich aufschreiben, was Sie einzupacken haben, bevor Sie sich in ein Flugzeug setzen!“

Der Mann glotzte dich danach verständnislos an und lehnte sich überrumpelt in seinem Sitz zurück. Lilly, ich bewunderte deine Art, so offen und ehrlich zu den Menschen zu sein. Ich traute mich niemals, in einem Kaufhaus eine Angestellte nach der besten Zahnbürste zu fragen. Und du, meine Elfe, du sagtest deine Meinung zu anderen Leuten einfach gerade heraus. Ich konnte einfach nicht mehr, als dich zu bewundern.

Wir hatten unsere maximale Flughöhe erreicht, der Kerl neben mir murmelte immer wieder etwas vor sich hin und warf dir wütende Blicke zu. Ich musterte dich unauffällig von der Seite. Du hast deinen Blick aus dem Fenster schweifen lassen. Die Sonne schien durch das kleine Fenster herein und umspielte deine Silhouette. Es schien, als strahltest du ein Licht aus, das dich nun malerisch ummalte. Ich hielt einen Moment den Atem an. Wie selig war ich in dieser Sekunde. Allein mit der Frau meiner Träume in einem Flugzeug Richtung London. Mit einem Mal war die Angst verschwunden, die in mir steckte. Kein einziger Gedanke  mehr daran, dass mehr geschehen könnte. Nur noch ein Gefühl durchfloss meine Seele: Liebe...

Lilly, ich werde niemals vergessen, wie du im Flugzeug neben mir saßt, umschienen von dem hellen Licht der Sonne. Niemals...

Dein Haar glänzte in dem hellen Licht, umspiele deine zarten Züge. Ich konnte den Blick nicht von dir wenden. Plötzlich hast du dich dann umgedreht, mich angelächelt und gesagt: „Ich bin froh, bei dir zu sein!“

Wie meintest du das? Du seiest froh, bei mir zu sein? Meintest du es freundschaftlich, oder empfandest du das gleiche wie ich für dich? Ich traute mich damals, nicht zu fragen. Ich spürte nur, wie mir mein Herz sagte, dass ich dich niemals in meinem Leben verlieren möchte. Es schrie meinen Verstand fast an, dich niemals aufzugeben. Es würde ohne dich verenden...

Und jetzt hier ohne dich fühle ich, dass es Recht behält. Es verdirbt ohne dich, verendet und gibt auf...

Und als du mir es sagtest, wusste ich nichts besseres, als zu entgegnen: „Das freut mich!“

Lilly, bitte verzeih mir, aber ich konnte meine Gefühle nicht anders zurückhalten. Wie sehr bin ich dir dankbar, da du meintest: „Na, dann ist ja alles in Ordnung bei uns.“

Für den Rest des Flugs genossen wir den Ausblick, hinunter auf die Welt. So klein und unbedeutend sie für mich erschien. Hier oben, dort, wo wir den Himmel berühren konnten, wollte ich für immer bleiben. Hier oben, wo man frei und grenzenlos ist, wollte ich nur mit dir bleiben. Hier konnten wir hinabsehen auf eine Welt, auf der wir uns kennen lernten, zusammen fanden und uns verstanden. Jetzt konnten wir hinabsehen auf die Welt, ohne die wir uns niemals begegnet wären. Wie froh war ich, geboren zu sein. Geboren, um dich zu treffen. Mein Leben hatte erst jetzt begonnen. Ich lebte erst seit einem halben Jahr, vorher galt nicht. Seit sechs Monaten spürte ich das Leben in mir pulsieren, sah den Grund des Lebens: Lieben...

Wir setzten zur Landung an. Wieder schnaufte der Typ neben mir die Stewardess herbei, der er wieder im Ausschnitt „hing“. Diesmal ging er mir absolut zu weit, als er sagte: „Haben Sie denn einen Freund, der Ihren Körper verwöhnen kann?“

Das junge Mädchen, höchstens 23, erschrak regelrecht. Es ließ den Verschluss des Gurtes los, richtete sich schnell auf. Ängstlich und erschrocken sah es den Mann an, der sie belästigt hatte. Lilly, nur du hast mir gezeigt, wie man in solchen Situationen handelt. Ich drehte mich zu dem Mann um, suchte seinen Blick und meinte ernst: „Eventuell sollten Sie mal einen Psychologen aufsuchen, der Ihre Seele verwöhnen kann!“

Das Mädchen musste sich ein Lachen verkneifen, zeigte mir somit, dass es mir dankbar war, ihr so zu helfen. Der Kerl allerdings glotzte mich regelrecht an. Ich wunderte mich, ehrlich gesagt, selber über meinen Ausspruch und grinste den Mann an. Lilly, nur du brachtest mich dazu, meine Meinung nun öffentlich zu machen. Seit diesem Erlebnis im Flugzeug redete ich jeden x-beliebigen Menschen an. Sogar die Angestellte im Kaufhaus...

Wir stiegen aus dem Flugzeug. Ich erwartete Regen, der typisch für England war. Daher überraschte mich der strahlende Sonnenschein, der uns willkommen hieß. Schien die Sonne nur für dich? Wollte England dir zeigen, dass es für den liebenswerten Engel der Welt auch den Regen gegen Sonne tauschen konnte? Bist du dir dessen bewusst? Ich hoffe, mein Engel.

Im Gebäude warteten wir am Rollband auf unser Gepäck, dass nach wenigen Minuten kam. Ich wollte deinen Koffer vom Band nehmen. Du ebenfalls. Gleichzeitig ergriffen wir den Griff. Obwohl wir uns schon oft berührt hatten, durchschoss ein Blitz meinen Körper, als ich deine Hand an meiner spürte. Leicht erschrocken blickten wir uns an. In deinen Augen lag ein Schimmer, den ich noch nie gesehen hatte. Ich konnte ihn auch nicht deuten, da er wieder erlosch, als ich meine Hand wegzog. Was, Lilly, was hatte es zu bedeuten?

Von meinen Gefühlen verwirrt suchten wir zwei ein Taxi auf, das uns zum Ritz bringen sollte. Vor dem Flughafen fanden wir eines. Ich verstaute unser Gepäck, während du den Fahrer fragtest, ob er zuerst eine kleine

Sightseeing-Tour durch London machen könnte.

„But just the important sights, please!“, sagtest du, da der Fahrer auf eine ausgiebige, und somit teure, Fahrt spekulierte. „Like Big Ben, Tower Bridge and Buckingham Palace.“

Ich saß neben dir im hinteren Teil des Taxis. Während wir durch halb London kurvten, erzähltest du mir, dass du schon immer mal hier her wolltest. Du wolltest nur ein einziges Mal Weltatmosphäre schnuppern und erfahren. Ich hatte mich vorher nie für London interessiert. Für mich war es die Hauptstadt Englands, mehr nicht. Doch in diesem Moment merkte ich, dass London mehr war. Es war deine Stadt! Die Stadt deiner Träume. Es war für dich wie für Verliebte Venedig. Und es steckte mich an. Von einer Sekunde auf die andere verliebte ich mich in diese Metropole. Fand einen Reiz an allem. An den roten Doubledeckerbussen, an den runden, roten Postkästen, an den Bobbys, den berühmten Polizisten Londons, an den verrückten Leuten, an den Pubs – an allem. Dank dir, mein größter Engel im Leben.

Nach der kleinen Rundfahrt erreichten wir das Ritz. Ich half dir beim Aussteigen, so wie es sich für einen echten Gentleman gehörte, und rief nach einem Pagen, der unser Gepäck auf unser Zimmer bringen sollte. Und das war ein Traum! Eine geräumige Suite mit weißen Seidenvorhängen, riesigen Fenstern, dem feinsten Teppich, den ich je unter meinen Füßen spüren durfte. Alles hier war so fein. Es war auf eine Königin abgestimmt. Es reichte gerade für dich, meine Königin. Goldene Armaturen und Marmorboden im Bad. Fernseher, Hausbar, einfach königlich. Du warst ganz aus dem Häuschen. Vor lauter Freude fielst du mir um den Hals. Niemals vorher waren wir uns so nah. Bisher umarmten wir uns nur flüchtig. Das heißt: Arme schnell um die Schultern des anderen – das war es. Aber diesmal war es vollkommen anders. Du legtest einen Arm um meinen Nacken, zogst meinen Kopf zu dir herunter. Deine Brust schmiegte sich an meine. Ich fühlte deinen Atem an meinem Hals, deine Knie an meinen. Ich fragte mich, warum du das getan hast. Es tat so gut und machte mir gleichzeitig wieder Angst. Was würde passieren?

Ehe ich diese Umarmung richtig erwidern konnte, ließt du mich wieder los. War es nur ein Überschwang der Gefühle? Lilly, du hast mich wieder mal verwirrt. Mein Herz klopfte so wild und pochend. Es verlangte nach mehr. Mein Verstand wehrte sich. Beide lieferten sich ein Duell, das der Verstand gewann. Zerbrochen und enttäuscht zog sich mein Herz zurück. Lilly, hättest du damals gewusst, was ich durchmachte, als du mich das erste Mal „richtig“ umarmt hast. Hättest du es dann auch getan? Hättest du meine Gefühle dann auch so durcheinander gebracht?

Du ließt von mir ab, durchstreiftest das Zimmer zum hundertsten Male. Ich stand nur in dem Wohnzimmer und versuchte, meine Gefühle wieder einigermaßen ins Lot zu bekommen.

Du kamst aus dem Bad zurück, blicktest auf die goldene Kaminuhr und fragtest mich mit strahlendem Lächeln: „Und, was hat der Herr heute Abend vor?“ Was meintest du? Ich verstand die Frage falsch. Ich dachte, du meintest...

„Also...“, begann ich zögernd und suchte nach einer Antwort. „Ich würde gerne ins Londoner Nachtleben stürzen!“, jubeltest du, jagtest ins Schlafzimmer und sprangst mit einem Satz aufs Bett. Zwischen den Kissen und Decken herumspringend saßt du aus wie ein Engel. Ein Engel auf einer Wolke. Ein Engel, der sich freut, zu leben. Du, mein Engel, Lilly.

Engel sind kostbarer als alles andere.

Sebastian

6. Brief

Liebste Lilly,

denkst du in diesem Moment auch an London? Ich kann es nicht vergessen. Welchen Spaß wir hatten. Und – welche Liebe spürte ich in dieser blühenden Stadt.

Als wir am Abend das Ritz verließen, sagte der Portier zu uns: „You and your wonderful wife will have a nice time in London.“

Mein Gott, er glaubte, du seiest meine Frau. Tief in meinem Herzen wünschte ich es mir. Ich konnte mir ein Leben ohne dich schon gar nicht mehr vorstellen. Dem Portier schenkte ich ein Lächeln und meinte: „Thank you, I’m sure we’ll have it.“

Mit diesen Worten verließen wir das Ritz. Du legtest deinen Arm um meine Taille und zogst mich einfach in die Dunkelheit, erhellt durch die vielen Lichter der pulsierenden Stadt. Immer wieder blieben wir stehen, sahen in die erleuchteten Schaufenster edler Boutiquen, stellten uns vor, dort einzukaufen. Ich hätte dir alles gekauft, nur damit ich weiß, du bist glücklich, meine Elfe.

Eine Sekunde, in der du traurig bist, werde ich nie überleben. Mein Engel darf nicht traurig sein. Ich wünsche ihm nur das Beste auf der Welt. Auch dort, wo du nun bist.

Wir setzten unseren Weg durch London fort. Ein laues Lüftchen zog durch die Straßen, spielte mit deinen Haaren. Ich legte meinen Arm um deine Schultern und so schlenderten wir, bis wir an ein Lokal gelangten. Du bliebst plötzlich stehen, sahst mich kurz an und risst mich hinein. Zunächst mussten sich meine Augen an das Dämmerlicht hier drinnen gewöhnen. Ich ließ mich daher einfach nur von dir führen. In diesem Moment hätte ich dir selbst mein Leben anvertraut. Du führtest mich an der Hand zu einem Tisch mit zwei Stühlen in einer ruhigen Ecke. Kaum, dass wir saßen, kam ein älterer Herr zu uns, der vermutlich der Besitzer des Lokals war.

„What can I do for you?“, fragte er uns mit einem sanften Lächeln auf den Lippen.

Lilly, jeder dachte von uns, wir seien ein Paar. Ein Paar, meine Lilly. Ein Paar...

Ich wusste nicht, was du möchtest und überließ es dir, deinen Wunsch zu äußern. Nach kurzem Überlegen sagtest du: „I’d like to have a wine. Do you have white wine?“

“Yes, we have. Dry?”

“No, not dry, please.”

Dann wandst du dich an mich: “Was möchtest du?”

„I’d like to have a beer.“, sagte ich.

Lilly, immerhin wolltest du an diesem Wochenende alles bezahlen. Verstehe, ich wollte dich nicht ausnutzen! Liebste...

Der Herr sah dich noch einmal fragend an. Du schütteltest den Kopf über mich, was mir für eine Sekunde einen Stich ins Herz versetzte, und meintest: „He’s a bit confused. He’d like to have a wine, too.”

“White wine?”

“Yes.”

“No!”, schaltete ich mich dazwischen. „Lilly, ich will nicht, dass du wegen mir unnötig Geld ausgibst!“

Das Funkeln in deinen Augen erlosch. Der Herr trat einen Schritt zurück. Die Englische Diskretion...

„Sebastian, ich bekomme alles zurück, was ich für dich tue. Nicht in Geld oder sonst was... Versteh mich einfach...“

Du bekommst alles zurück? Ich verstand nichts von dem, was du mir sagtest. Wie wolltest du es nur zurückbekommen, Liebste? Was gab ich dir?

Ich gab nach. Mit einem dankbaren Blick gab ich dir zu verstehen, dass es mir Recht war. Der Herr nickte und eilte zur Theke, um den Wein zu holen. Deine Augen gewannen ihr Leuchten wieder. Ich hoffte, du nahmst es mir nicht übel, dass ich so ruppig geworden war. Du weißt, ich bin nun mal ein Dickkopf, wenn es um Geld geht.

Der Wein kam. Nachdem uns der Herr eingeschenkt hatte, wünschte er uns einen schönen und gemütlichen Abend. Er glaubte immer noch, wir seien ein Paar.

Wir stießen an. Ich hatte mir nie viel aus diesen Anstoßsprüchen gemacht. Nur du sagtest: „Auf dass unsere Zeit für immer währt!“

Dieser Satz berührte mich tief im Herzen. Es war wieder ein Beweis von dir, dass dir viel an unserer gemeinsamen Zeit lag. Nur in welcher Beziehung, das war eine Frage die ich nicht zu stellen wagte, mein Engel.

Du nipptest wieder so vorsichtig an deinem Glas, genauso wie bei unserer ersten Begegnung in der dunklen Bar. Ich im Gegensatz trank den Wein fast wie ein Glas Limonade. Neben dir, so strahlend, lebensfroh und graziös du warst, kam ich mir vor wie ein streunender Hund neben einem wohlerzogenen Pudel. Deine Anwesenheit erregte Aufsehen, die Leute drehten sich auf der Straße nach dir um. Mich bemerkten sie nicht einmal. Unter einer Millionen Menschen würde ich dich mit geschlossenen Augen erkennen. Du zogst mich einfach an. Ich spürte, dass du bei mir warst, obwohl du an einem anderen Ort verweiltest. Es war ein unsichtbares Band zwischen uns. Oder ist es das noch immer, meine Lilly? Besteht dieses Band noch immer? Das Band, das uns niemals trennen sollte, existiert es noch immer? Jetzt, wo du fort bist? Lilly, du fehlst mir so...

Wir verbrachten einen wunderschönen Abend in dieser Bar. Du fragtest mich, was wir am nächsten Tag erleben wollten.

„Was immer du willst!“, hatte ich geantwortet.

Lilly, es war schließlich dein Wochenende in London! Ich begleitete dich nur, wollte dir nichts vorschreiben sondern nur mit dir zusammen sein. Somit hakten wir das Thema ab. Ich trank den letzten Schluck meines Weines, blickte dir in die Augen. Wieder hattest du dieses Schimmern in den Augen, das du schon vorhin im Hotel hattest. Ein seltsames Lächeln umspielte deinen Mund, das ich bisher nicht kannte. Lag es an dem Alkohol? Ich war unsicher.

„Ich möchte jetzt zurück!“, sagtest du plötzlich, während du den netten Herren herbeiwinktest, um die Rechnung zu bezahlen.

Du gabst ihm ein ansehnliches Trinkgeld (drei Pfund, das sind gut 4,50 Euro mein Liebstes!), dann verließen wir das kleine Lokal. Wir gingen den Weg zurück, machten einen Umweg über die Tower Bridge. Auf der Mitte des großen Bauwerks bliebst du stehen, lehntest dich über das Geländer und blicktest auf das Wasser hinunter.

„Es fließt seit Jahrhunderten und hört nicht auf.“, flüstertest du mit dem Blick auf dem Wasser der Themse, „Ist es nicht ein wunderbares Schauspiel der Natur?“

Ich stellte mich neben dich an die Brüstung. Ja, du hattest Recht. Es ist wunderlich, dass der Kreislauf der Natur immer wieder funktioniert. Es sei denn, der Mensch greift ein...

Wir standen einfach nur da und beobachteten den Lauf der Themse. Ein silbernes Band, das mitten durch London läuft. Beruhigend.

Ich fühlte die Wirkung des Alkohols langsam in mir aufsteigen. Meine Augenlider wurden mir schwer, ich fühlte mich schlapp.

„Wollen wir nicht weiter?“, fragte ich nach gut zehn Minuten. „Ich falle gleich tot um, Lilly!“

Du richtetest deinen Blick auf mich. Er durchfuhr mein Herz. Deine blauen Augen leuchteten in der Dunkelheit. Glitzernd spiegelte sich das schwache Licht der Laternen in ihnen. Und in diesem Moment wollte ich mehr von dir. Ich wollte dich spüren. Ich wollte dich begehren. Ich wollte nur noch dich. Du sahst in dieser Sekunde so verführerisch aus. Ich konnte meine Gefühle zu dir nicht länger verbergen. Heiser begann ich: „Lilly...“

Mit fragenden Augen blicktest du mich an.

„Lilly, ich...“

„Ja?“, flüstertest du mir zu.

In deiner Stimme lag etwas fremdes, etwas, das ich nicht kannte. Vielleicht war es das, was mich wieder so verwirrte. Während du mich so ansahst, verließ mich der Mut und ich sagte ein wenig wütend auf mich selber: „Lass uns gehen...“

Ich vergrub mein Gesicht im Kragen meiner Jacke. Mit energischen Schritten machte ich mich auf den Weg.

Lilly, ich glaubte, ich könnte es dir jetzt sagen! Jetzt, in deiner Stadt! Ich glaubte, du würdest mich jetzt verstehen! Doch dann hast du mich so angesehen. Ich wusste nicht, wie ich diesen Blick deuten sollte. Wusstest du damals schon, wie ich für dich fühle? Konntest du es ahnen, dass ich dich liebe?

Hinter mir hörte ich deine eilenden Schritte auf mich zu kommen. Mit einer Hand hieltst du mich an der Jacke fest. Dann nahmst du meine Hand, drücktest sie fest und sagtest: „Ich bin so froh, dich zu kennen!“

Ja, mein Engelchen, ich war es auch! Ich war es verdammt noch mal auch! Froh, froh, froh... Einfach nur froh, Lilly! Du kannst es dir nicht vorstellen! FROH!!!

Hand in Hand bahnten wir uns den Weg durch das nächtliche London. Meine gedrückte Stimmung legte sich wieder und ich konnte schon wieder lächeln. Wenn du da warst, konnte ich gar nicht betrübt sein.

Im Ritz begrüßte uns der Portier mit den Worten: „Did you enjoy the nightlife?“

„Yes, it is wonderful!“, schwärmtest du. Abermals drücktest du meine Hand.

Der Portier lächelte uns zu. Immer noch Hand in Hand betraten wir den Lift, fuhren in den dritten Stock. Als wir oben ankamen, hieltst du meine Hand immer noch, die vor Aufregung schon ganz nass war. Meine Angst vor der Nacht kam zurück. Jetzt, wo ich vor nur wenigen Minuten mehr wollte, wusste ich nicht, wie ich mich verhalten sollte. Würde etwas passieren?

Du hast die Suite aufgeschlossen, warfst den Schlüssel auf das kleine Schränkchen neben der Tür und verschwandst im Schlafzimmer. Meine Müdigkeit war mit einem Mal verschwunden. Ich fühlte mich besser als nach einer erholsamen Nacht mit viel Schlaf. Unschlüssig ging ich ins Wohnzimmer der Suite. Gedankenverloren schaltete ich den Fernseher ein. Ich fragte mich, was du im Schlafzimmer machtest.

Meine Neugier wuchs, übertraf sogar meine riesige Angst. Was machte mein Engel im Schlafzimmer? Lilly, in den zehn Minuten wurde ich fast verrückt. Du nicht in meiner Nähe und doch so nah. Ich hielt es fast nicht aus. Dabei wollte ich doch nicht, dass etwas passierte.

Und dann betratst du das Wohnzimmer. Nur bekleidet mit einem kurzen Seidenhemdchen. Die dünnen Träger überspannten deine schutzlosen Schultern. Langsam und mit bedächtigen Schritten kamst du auf mich zu. Und in deinen Augen erkannte ich wieder dieses Schimmern. Ich stand mitten im Zimmer, du nähertest dich mir vorsichtig. Was sollte ich tun? Wenn du wüsstest, wie sich nun Herz und Verstand duellierten. Mein Herz schrie so laut wie nie nach dir, mein Verstand wehrte sich mit allen Mitteln. Was geschah, nachdem wir uns darauf einließen? Würde unsere Freundschaft dadurch zerbrechen? Keiner konnte mir diese Fragen beantworten. Nicht einmal du, mein Stern.

Und dann standst du direkt vor mir. Mit dem Zeigefinger strichst du mir sanft und vorsichtig über die Wange. Meine Sehnsucht nach dir wuchs immer weiter an. Sollte ich es wagen?

Dein Finger fuhr meinen Hals entlang.

Was sollte ich nur machen?

Und dann schrie mein Herz auf. Der Verstand verstummte, gab ganz auf.

Ich umschlang dich, du legtest deine Arme um meinen Nacken. Meine gesamte Leidenschaft eröffnete sich mit diesem Kuss. Deine Lippen brannten auf meinen. Ein ungeahntes Gefühl durchströmte mich. Wir küssten uns hemmungslos. Deine Hände glitten über meinen Rücken, ich versuchte die Träger deines Hemdes von den Schultern zu streifen. Lautlos glitt das Hemd zu Boden, enthüllte deinen Körper. Dich immer noch küssend streichelte ich deinen nackten Rücken. Du stöhntest leise auf. Und plötzlich holte mich etwas in die Wirklichkeit zurück. Erschrocken ließ ich von dir ab, setzte mich aufs Sofa, das direkt hinter mir stand. Was hatte ich getan? Warum hatte ich es soweit kommen lassen?

Lilly, verzeih mir dafür. Nimm es auf, wie du willst. Ob für meinen Abbruch oder für mein ungehemmtes Verlangen in der Sekunde.

Du standst vor mir. Nackt und ratlos. Sicher, du dachtest, du hättest etwas falsch gemacht. Und ich saß auf dem Sofa, Tränen liefen mir übers Gesicht. Warum?

Schweigend zogst du dich wieder an. Dann setztest du dich neben mich. Mir war klar, dass du bemerkt hattest, dass ich weinte.

„Warum weinst du?“, wolltest du wissen.

Ich sagte nur: „Es tut mir leid!“

Dann stand ich auf, verließ das Wohnzimmer und ging ins Bett. Sofort nachdem ich mich hingelegt hatte, schlief ich ein.

Heute Lilly, tut mir alles so wahnsinnig leid. Ich wusste einfach nicht, wie ich es dir erklären sollte. Jetzt aber: Ich hatte Angst! Die Angst, von der ich im gesamten Brief redete. Angst vor dem „Danach“. Angst vor der Zukunft. Bitte verstehe mich! Liebste, ich liebte dich einfach zu sehr, um so weit gehen zu können. Liebe, die einen an der Liebe hindert.

Verzeih meiner starken Liebe,

Sebastian

 
 
   
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